Wir haben nun wirklich mehr als
genug vom Arbeiten erzählt. Gerade, weil die Arbeit sehr monoton ist, man
selten sein Gehirn anstrengen muss und trotzdem beinahe dauernd unter Druck
ist, um die erwartete Effizienz von mindestens 120% zu erreichen, braucht man
in der Freizeit und an den Wochenenden Zeit zum Entspannen und Nichtstun. Das
haben wir ausgiebigst getan. Noch wichtiger ist aber die Ablenkung durch
Unternehmungen und Spaß mit lustigen Leuten zu haben. Das hatte unsere
kiwifreie Zeit zu bieten. In den ersten Wochen nahm diese allerdings einen eher
kleineren Anteil ein. Wir arbeiteten 6 Tage die Woche. Der eine Tag der uns
blieb wurde meistens zum Entspannen und Ausschlafen genutzt oder um Sachen zu
erledigen, die ansonsten auf der Strecke geblieben sind.
Seit einiger Zeit arbeiten wir
nun nur noch 5 Tage, haben also tatsächlich ein gesamtes Wochenende frei.
Egal wie viel Arbeit es gab, die
freie Zeit wollte genutzt werden.
Oft wurde sie vor allem mit
gemeinsamen Abenden, also mit Kochen, Essen, Trinken und Unterhaltungen
gefüllt.
Einen Abend besuchten wir Vicky
und Richard in Waiuku. Dort hatten sie aus einer Feuerstelle eine Art Pizzaofen
gebastelt, der natürlich ausprobiert werden wollte. Jeder brachte Zutaten zum
Belegen mit und Richard hatte einen richtig guten Teig vorbereitet.
Wir waren eine nette Runde an diesem Abend, auch Annett und Christian, Nicole und Bastian (Deutschland), Marion und Francisco (Frankreich/Argentinien) und Emily (England), sowie Ornella und Julien (Frankreich) waren mit von der Partie.
Dann wurde
eifrig losgelegt und wir zauberten die tollsten Pizzas (oder auch Pizzen?). Bald hatte
sich eine Arbeitsteilung gefunden. Mädels rollen den Teig aus und belegen, Jungs
kümmern sich ums Backen, mit Feuer spielen und aufpassen, dass die Pizza nicht
verbrennt. Mit vollem Erfolg. Seht selbst! ;)
...wer macht den schönsten Pizza-Boden? ;) |
Richard, Vicky und Christian |
Satt und dick und kugelrund |
Am darauffolgenden Wochenende
hieß es dann „Kochkurs bei Manu – wie bereite ich einen Schweinebraten mit
Speckbohnen, Spätzle und Semmelknödel zu“. Richard wollte schon immer einmal
lernen wie man dieses typisch bayrische Gericht zubereitet und Manu war
natürlich gerne bereit da auszuhelfen ;)
Kochkurs |
Küchenhilfe Vicky |
Mirepoix - gehört unter den Schweinebraten ;) |
So kamen letztendlich auch Vicky
und ich, Annett und Christian und Emeline in den Genuss. Natürlich halfen wir
auch ein bisschen beim Kochen. Die meiste Zeit sollten wir aber lieber nicht
stören und hübsch aussehen. Kein Problem für uns, blieb doch mehr Zeit um sich
zu unterhalten und darin sind wir doch Profis…
Wie schon bei der Pizza konnte
sich auch dieses Ergebnis mehr als sehen lassen. Wir haben uns beinahe wie
zuhause gefühlt.
Highlight - der Probierknödel |
Ein Traum!! |
Doch so einige Samstagabende
verbrachten wir in Kingseat. Dort wohnten mit 13 Bewohnern die meisten von uns
Backpackern. Kingseat ist eine frühere Psychiatrie. Den vielen, oft grusligen
Geschichten zufolge wurden die Patienten dort nicht sonderlich gut behandelt,
teilweise sogar gequält, weshalb die Gebäude als „most haunted place in New
Zealand“ (verspuktester/verfolgtester Ort Neuseelands) bezeichnet werden. Selbst
Geisterjäger hatten schon ihr Glück dort versucht.
Annett, Sarha und Claudi |
Die meisten der Gebäude sind
inzwischen bewohnt. Sie können ausgebaut werden und sind in Relation zur Größe
sehr günstige Wohnflächen. Solange man die grausigen Hintergründe und den
Krankenhaus-Stil ausblenden kann. Der zweite Stock eines der vielen Gebäude,
Villa 14, wird also jedes Jahr von Punchbowl genutzt um Backpacker dort
unterzubringen. Zu Beginn sah alles nur heruntergekommen aus, viel zu groß und
ungepflegt, doch die Bewohner machten es schnell zu einem recht wohnlichen
Zuhause auf Zeit. Perfekt geeignet war Kingseat aber natürlich als Party
Location. Platz, Platz, Platz… und niemand, den man stören könnte. Das wurde
für so manche Party genutzt!
Gruppenfoto mit denen, die noch wach waren ;) |
Wie schon im letzten Beitrag
berichtet waren wir ein bunt gemischtes Team. Allein von der Südsee-Insel
Vanuatu arbeiten 30 Männer und Frauen hier bei Punchbowl. Die Frauen bleiben
meist für drei Monate, die Männer für sechs. Sie kommen nur zum Arbeiten nach
Neuseeland. Dies wird durch ein Regierungsprojekt ermöglicht, das die
Entwicklung der Südseeinseln unterstützen will.
Die Inseln von denen sie kommen
sind sehr klein, es gibt keine Straßen und keine bis kaum Autos. Die Vanuatus
jagen noch mit Buschmessern und Speeren nach Schweinen und Fischen. Sie haben
selbstgebaute Hütten, kochen mit Feuer, haben keinen Strom und laufen ohne
Schuhe. Genau genommen brauchen sie kaum Geld, da sie alles Lebensnotwendige
selbst anbauen und untereinander tauschen. Nur Hygieneartikel und ähnliches
müssen sie einkaufen. Sagen wir es so… inzwischen hat auch der Tourismus auf
einigen Inseln Einzug gehalten, die „Zivilisation“ bzw. die „westliche Welt“
(eigentlich das falsche Wort, da sie überhaupt nicht unzivilisiert sind, aber
ich hoffe, ihr versteht was ich sagen möchte) rückt immer weiter vor und es
gibt sogar Masten zweier Mobilfunkanbieter. So nach und nach können und wollen
sie sich dem Wandel nun nicht mehr entziehen. Für uns klingt ihr Leben abseits
von Stress und Erfolgsdruck geradezu traumhaft, doch für sie bietet die Arbeit
in Neuseeland und Australien eine willkommene Abwechslung und eine spannende
Erfahrung.
Dementsprechend hat auch niemand
von ihnen einen Führerschein, viele sind noch nie geflogen und viele waren noch
nie in einer richtigen Stadt. Um ihnen neben der Arbeit noch weitere
Erfahrungen ermöglichen zu können, unternimmt man Ausflüge mit ihnen. Dazu
braucht man natürlich Freiwillige, die den Transport übernehmen. Manu meldete
sich und holt die Vanuatus seitdem auch vor der Arbeit ab und fährt sie hinterher
wieder zurück nach Kingseat, wo auch sie untergebracht sind.
Ich bin jedes Mal beeindruckt wie
selbstverständlich Manu den großen Bus fährt. 10 Vanuatus hinten drin, mitten
rein in die Stadt, einparken, ausparken, … alles kein Problem. Ich würde mich das
niemals trauen! :)
Außerdem erschreckt er immer die
Frauen und erfreut die Männer. Ihr glaubt nicht, wie groß die Freude ist, wenn
er das Auto beim Bremsen ein bisschen ruckeln lässt oder gar 3 Runden im
Kreisverkehr dreht! Es ist unbeschreiblich, sie flippen beinahe aus. Die Männer
jubeln aus Spaß, die Frauen sind ein bisschen ängstlich.
Das erste Mal, als wir sie auf
einem größeren Ausflug begleiteten, ging es in einen Vorort von Auckland in das
große Einkaufszentrum „Sylvia Park“. Dort wurden Bankkonten für sie eröffnet
und anderer Papierkram erledigt. Manche sind bereits die zweite oder dritte
Saison hier und kennen sich bereits etwas aus, für viele ist es das erste Mal
und sie hatten noch nie ein Konto, geschweige denn eine Bankkarte. Alles muss
man ihnen erklären, aber sie freuen sich auch über alles und sind sehr
interessiert. Irgendwie faszinierend, wie sie sich in einer für sie fremden
Welt einfügen. Für uns ist es schwer vorstellbar, dass sie nicht wissen wie man
Geld aus einem Bankautomaten holen kann oder dass man sich im Auto anschnallen
muss. Nach dem Gang zur Bank führte der erste Weg geschlossen ins Warehouse
(Laden in dem es tatsächlich alles gibt und in dem man stundenlang stöbern
kann). Dort wurden Handys gekauft. Jeder einzelne wollte ein neues oder auch
das erste Handy überhaupt haben ;)
Verständlich, zum einen weil es
ja jetzt Empfang auf den Inseln gibt und so eben auch die Familie zuhause
telefonisch erreicht werden kann.
Der Rückweg verzögerte sich dann
noch um gute 45 Minuten. Mit der Pünktlichkeit nimmt mans auf Vanuatu nämlich
nicht so genau. Rückfahrt war für 13.30 Uhr angesetzt, der letzte kam um 14.15
Uhr angelaufen. Bis dahin musste man aber auch genau aufpassen, dass einem
nicht wieder drei andere davon laufen, um den Fehlenden zu suchen :D
Der zweite Ausflug ging dann
wirklich hinein in den Großstadtdschungel Aucklands. Wir würden Auckland sicher
nicht als einschüchternde Stadt bezeichnen, auch wenn sie die größte
Neuseelands ist, aber für die Vanuatus die noch nie in einer Stadt waren und
außer aus dem Fernsehen keine Hochhäuser kennen, ist es ein Erlebnis.
Mission Bay |
Der erste Stopp war der Auckland
Zoo. Anschließend ging es zu einem kleinen Bahnhof, von wo aus eine Gruppe
Vanuatus den Zug in die Innenstadt nahm. Ein Highlight, da viele bis zu diesem
Tag noch nie Zug gefahren waren. Wie wir hinterher mitgeteilt bekamen, hatte es
auch nicht allen gefallen – zu schnell ;)
Nachdem wir sie am Bahnhof wieder
eingesammelt hatten, ging es weiter zur Mission Bay. Dort gab es Mittagessen
und der männliche Teil vergnügte sich mal wieder mit Fußball. Das ist wohl
wirklich überall auf der Welt gleich. Gib ihnen einen Ball und sie sind stundenlang beschäftigt! Manu war natürlich mittendrin zu finden ;)
Anschließend mussten natürlich
noch viele Erinnerungsfotos geknipst werden, wir alle hatten einen Riesenspaß.
Ein wirklich lustiges Völkchen und supernett.
Mission Bay |
Man beachte die FlipFlops mit den Socken ;) |
...ein bisschen mehr Sonne würde Manu gut tun ;) |
Satt und zufrieden fuhren wir
über die Harbour Bridge, die der in Sydney nachempfunden ist, nur um einiges
kleiner. Von der anderen Seite hat man eine schöne Sicht auf Aucklands Skyline.
Auckland Skyline |
Vorletzter Stopp war die
Innenstadt Aucklands. Wer wollte konnte noch ein bisschen bummeln gehen oder
etwas einkaufen. Die meisten nutzten diese Chance.
Die meisten geben ihr Geld
entweder für Computer oder Fernseher aus, ein großer Teil wird aber auch immer
in Solaranlagen investiert. Dadurch gibt es inzwischen auch auf den kleinen
Inseln der Inselgruppe Vanuatu Elektrizität.
Mit einiger Verspätung – ihr
wisst ja, die erwähnte (Un-)Pünktlichkeit – ging es dann zum letzten Ziel des
Tages: One Tree Hill. Von dort oben hat man eine wirklich tolle Sicht über
Auckland. Auch wir waren noch nicht dort und so nutzten wir die Gelegenheit für
einige Fotos. Da es schon dunkel war glitzerten und leuchteten die Lichter der
Stadt. Einziges, dafür relativ großes Problem: ohne Stativ ist es ziemlich schwierig scharfe Fotos im Dunkeln
zu machen. Ich habe mein bestes gegeben, bin aber nicht zu hundert Prozent überzeugt. Daran arbeiten wir nochmal ;)
Blick vom One Tree Hill |
Obwohl die Pack-Saison noch nicht
ganz zu ende ist, gab es trotzdem schon einmal eine Packhaus-Party. Ein
Dankeschön von Punchbowl für alle Mitarbeiter für unser Engagement und unseren
Einsatz. Das fanden wir doch eine ziemlich nette Geste, hatten wir doch alle fleißig gearbeitet und somit auch eine Belohnung verdient.
Das Packhaus wurde partytauglich
umgeräumt, Essen und Getränke bereitgestellt, eine Musikanlage aufgebaut und
schon konnte die Feierei losgehen. Es war ein wirklich lustiger Abend, der vor
allem durch die verschiedenen Nationen besonders gemacht wurde. Unsere Kollegen
aus Tonga erfreuten die gesamte Belegschaft mit drei Tanzeinlagen in
traditionellen Kostümen und auch sonst blieb die Tanzfläche selten unbenutzt.
Auch das Essen fiel durchaus positiv auf. Es gab nicht die für Neuseeland üblichen Snacks aus Mikrowelle und Backofen, sondern tatsächlich frische Salate, Rindfleisch und Schinken, Kartoffeln und das obligatorische Weißbrot. Zum Nachtisch wurden Mini Eclairs und Eis aufgetischt. Alles in allem also eine deutliche Steigerung!
Wir Backpacker waren mal wieder die letzten, die das Packhaus verließen…
praktisch natürlich, dass unser Heimweg mit 50m der mit Abstand kürzeste ist! :)
Schwarz und Blond :) |
Traditioneller Tanz aus Tonga |
Traditioneller Tanz aus Tonga |
Typisch für die Südsee - übergewichtige Frauen |
Das sind nur einige Beispiele für
Unternehmungen. Wir haben auch Pukekohe, die nächstgelegene größere Stadt
unsicher gemacht, waren am Feiertag in Auckland und hatten viele Abende mit
Lagerfeuer unterm Sternenhimmel.
Die Zeit hier ist fast vorbei,
…und nach (in Reisezeit betrachtet) doch ziemlich langer Zeit an diesem Ort
könnte man glatt etwas sentimental werden… wäre da nicht die viiiiiel größere
Freude darüber, endlich die Arbeit und die Kiwis zu vergessen und eeeeendlich
weiter zu reisen.
Glaubts uns – es wird wirklich
Zeit!