Samstag, 14. Juni 2014

Patumahoe Teil 1 – wo sich alles nur um Kiwis dreht oder die Ruhe vor dem Kiwi-Stress



Unsere Küche - Tony, Emeline, Petra und Jakub
Es ist Sonntagmorgen. Ich sitze gerade in unserer gemütlichen Küche, der männliche Teil der Mitbewohner schaut die Fußball-WM, und ich versuche unseren Blog endlich mal wieder auf den neuesten Stand zu bringen.
Dazu muss ich wohl erst einmal die letzten 11 Wochen, die wir nun schon hier arbeiten ein bisschen Revue passieren lassen. Unfassbar – 11 Wochen sind es nun schon. Die längste Zeit, die wir während unserer Reise an einem Ort verbracht haben oder vermutlich verbringen werden.
Jakub, Sebastian und Manu in unserem "Garten"
Aber von Anfang an: wie bereits im letzten Eintrag geschrieben, hatten wir uns also einen Job in einem „Punchbowl“ Kiwi-Packhaus in Patumahoe, 40km südlich von Auckland, ergattert.
Am 23. März reisten wir an, bezogen unsere hübsche, kleine Cabin, die ziemlich genauso aussah wie die in Roxburgh. Zu Anfang waren wir drei Pärchen. Manu und ich, Claudia und Sebastian, ebenfalls Deutsche und Petra und Jakub aus Tschechien. Nach knapp zwei Wochen zog dann noch Emeline, eine Französin, bei uns ein.
Unsere Cabin
Küche, Bad und Aufenthaltsraum sind im alten Packhaus untergebracht. Dieses wurde aber vor 5 Jahren zu klein, woraufhin ein neues, deutlich größeres gebaut wurde. Rund herum sind Orchards, das heißt Kiwi-Plantagen.
Wir haben viele lustige Abende zusammen verbracht, gekocht, getrunken, gefeiert und geredet. Dabei kommt man natürlich auch auf die eine oder andere doofe Idee.

Tischtennis mit Pfannen in der Küche :D
Claudi
Sebastian, Jakub und Petra
Kiwi-Pflanzen
Kiwis

Kiwi-Orchard


Die eigentliche Packhaus-Saison sollte erst etwas später beginnen, weshalb wir vorerst andere Jobs bekamen. Uns wars recht. Hauptsache schnell Geld verdienen. Solange aufgrund des Wetters nicht genügend Früchte gepflückt werden konnten, konnte man natürlich auch nicht mit dem Packen beginnen. Es gibt aber auch so jede Menge Aufgaben, die nötig sind um den Betrieb in Gang zu halten und sich auf die Kiwis vorzubereiten. Echt erstaunlich, was da so alles beachtet werden muss.

Zufahrt auf das Punchbowl-Gelände
Kiwi-Packhaus rechts und Kühlhäuser links
Die Aufgabe der Jungs für die ersten beiden Wochen war „Bin Repair“. Bins sind die großen Holzkisten in denen Kiwis gelagert und transportiert werden. Diese gehen öfter auch mal kaputt und müssen repariert oder auch mit dem Vorschlaghammer komplett zerschlagen werden.

Bins - Holzkisten für Lagerung und Transport der Kiwis
Tony - Gabelstaplerfahrer und Ansprechpartner für uns Backpacker
Manus Arbeitsplatz - alle diese Bins mussten repariert werden :)
Wir Mädels durften mit Wasser spielen… beim sogenannten „Bin Liner Washing“. Bin Liner sind Schaumstoffmatten, die unten in die Bins gelegt werden. Diese wurden von uns in einem riesigen Wassertank gewaschen und desinfiziert. Zum einen benutzt man sie damit die Früchte keine Druckstellen bekommen, zum anderen um der in Neuseeland auftretenden Kiwi-Krankheit PSA vorzubeugen. Die Verbreitung kann nur durch äußerste Vorsicht und Hygiene verhindert werden, weshalb auch die Autos und Schuhe nach jedem Kontakt desinfiziert werden müssen.

Bin Liner waschen und desinfizieren
Claudi bei der Arbeit

So vertrieben wir uns also die ersten beiden Wochen mit diesen eher langweiligen Arbeiten, aber uns machte es nichts aus. Manu hatte Spaß beim Zerlegen und Hämmern und ich hätte sogar gern noch länger Bin Liner gewaschen. Easy Money – waschen, aufhängen, trocknen lassen, abhängen. So einfach hab ich noch nie Geld verdient, dachte ich. Es sollte fast noch einfacher werden ;)

Die dritte Woche sollte für Manu und mich dann nämlich etwas anders werden. Unsere Chefin Maree bat uns nach Tauranga zu fahren und dort kontaminierte Plastiktüten zu reinigen. Klingt seltsam?! Dachten wir auch :)
"Unser" hauseigenes Cricketfeld
Aber wir sind ja offen für alles und so fuhren wir los, ausgestattet mit zwei Staubwedeln und einer eher unpräzisen Wegbeschreibung zu unserer Unterkunft ;) Wohnen sollten wir nämlich im Ferien- bzw. Wochenendhaus von Marees Schwager. Die Fahrt nach Tauranga dauerte ungefähr 2,5 Stunden und so war es schon dunkel als wir ankamen.
Das Haus befand sich recht einsam auf einer Halbinsel mit Blick zum Hafen und … wir konnten es kaum fassen … mit hauseigenem Cricketfeld. Wir hatten gedacht, es handele sich um das Grundstück des Cricketclubs, aber nein – der nette Mann ist Millionär und hat sich dort einfach mal sein ganz eigenes Cricketfeld und das dazu passende Haus hingebastelt. Naja, wer kann, der kann.

Unser "kleines" Häuschen
Wir hatten zwar eine grobe Beschreibung, wie man dort hinkommt, standen aber zuerst vor einem anderen Haus. Nach weiterem Suchen und einem Anruf bei Maree wussten wir dann wenigstens welches Haus es ist und fuhren schnurstracks darauf zu. Mitten über das Cricketfeld. Oh Mann, hab ich mir Gedanken gemacht, ob man da drüber fahren darf oder ob wir jetzt alles mit unseren Reifenspuren kaputt gemacht haben… aber immerhin waren wir da.
Veranda
Nun hieß es nur noch schnell den Schlüssel finden und rein. Doch auch das war alles andere als einfach und wir suchten gute 20 Minuten lang alles mit unseren Taschenlampen ab. Es hätte mich absolut nicht gewundert, wenn die Polizei aufgetaucht wäre, die uns dann gaaanz bestimmt unsere absurd klingende Geschichte geglaubt hätte „Wir sollen hier wohnen, im Haus eines uns fremden Millionärs, während wir in Tauranga arbeiten und kontaminierte Plastiktüten reinigen. Und grade suchen wir nur den Schlüssel um auch in das Haus reinzukommen.“ :D Absolut plausibel finde ich, aber wir hatten ja Glück und trotz flackernden Taschenlampen kam niemand. Irgendwann hatten wir dann auch den Schlüssel und bezogen das wohl luxuriöseste Domizil unserer gesamten Reise. Ein Holzhaus mit großem Wohn- und Esszimmer, offener Küche, Schlafzimmer, 3 Bädern und 3 Duschen, einem Cricketraum undundund. Unser Highlight war aber die rund ums Haus angelegte Holzveranda und die Hollywood-Schaukel mit Blick zum Meer. Wir hätten es schlechter treffen können.

Hollywood-Schaukel
Aussicht von unserer Terrasse auf den Hafen und hinterm Baum - Mount Maunganui

Wir hätten es schlechter treffen können ;)
Am nächsten Morgen waren wir gespannt, was denn nun genau unsere Arbeit für die nächste Zeit sein sollte. Wir fuhren zu einer Lagerhalle, wo wir genauere Informationen bekamen. Die Plastiktüten, die zum Verpacken der Kiwis verwendet werden, waren verschmutzt. Genau genommen waren darauf kleine rote Pünktchen, teilweise nicht einmal einen Millimeter groß. Farbpartikel, die vermutlich beim Stanzen der Löcher dort zurückgeblieben sind. Diese sollten von uns entfernt werden, da es beim Verpacken von Kiwis absolut hygienisch zugehen muss und schon Partikel dieser Größe sich in die Frucht bohren und sie somit unessbar machen könnten. So hieß es für uns – Kiste auf, Tüten raus, Tüten auf jeder Seite mit einem Staubwedel abwischen, Tüten wieder in die Kiste stapeln, Kiste wieder zukleben.
Mit Corinna und Christina bei der Arbeit ;)
Anfangs dauerte die Prozedur noch recht lange, nach einer Weile wurden wir schneller und nach zwei Tagen schafften wir bereits die erwarteten 3-4 Paletten. Umgerechnet bedeutete das nur 3 Minuten pro Box für den oben beschriebenen Ablauf. Klingt nicht so, wird nach ca. 8-10 Stunden aber echt anstrengend. Besonders für Manu, der die Kisten ja wieder so verpacken sollte, als ob sie nie geöffnet gewesen wären.
Nach einigen Tagen bekamen wir Hilfe, die wir uns selbst organisieren durften. Unsere neuen Kolleginnen waren Corinna und Christina, die wir in Blenheim kennengelernt und in Roxburgh wieder getroffen hatten und die zur selben Zeit in Tauranga waren. Ich sag es ja immer wieder, Neuseeland ist klein ;)
Danach hatten wir noch mehr Spaß bei der Arbeit. Überzeugt euch selbst. Hygiene und Sicherheit geht vor – Handschuhe, Haarnetz und natürlich Warnwesten, damit wir nicht von einem Gabelstapler über den Haufen gefahren werden.

...sehen wir nicht schick aus?...
Perfekt für uns war daran vor allem, dass wir einen Schlüssel bekamen und arbeiten konnten, wann und wie lange wir wollten. Letztendlich wieder leicht verdientes Geld und in Tauranga hatte es uns ja sowieso gefallen. Hier waren ja auch gerade so einige unserer Freunde unterwegs.
Wann immer wir also frei hatten, verbrachten wir nette Abende mit ihnen. Gingen essen, kochten in unserer Luxusküche oder ließen am Strand die Seele baumeln. Auch Annetts Geburtstag sollte gebührend gefeiert werden. Zu diesem Zeitpunkt konnten wir noch nicht wissen, dass wir Annett und Christian schon schneller wieder sehen sollten, als gedacht ;)


Nach 8 Tagen wurden wir dann leider schon wieder zurück ins Packhaus gerufen. Die eigentliche Packsaison hatte begonnen und wir sollten mehr über unsere Jobs für die nächsten 7-10 Wochen erfahren. Der Stress konnte beginnen.
Es sollte uns bereits jetzt ansatzweise klar werden, wie viel es über Kiwis zu wissen gibt und dass man auch aus diesen grünen Dingern eine Wissenschaft machen kann…

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