Dienstag, 10. Dezember 2013

4 Wochen Blenheim - Arbeit und Wein



So, jetzt wisst ihr prinzipiell wie unsere Zeit in Blenheim aussah, nur das Thema Arbeit haben wir bisher vermieden. Tja, man kommt wohl nicht drum herum, deswegen auch dazu noch so manche Info.

Der Job wurde uns vom Hostel vermittelt und wir wurden bereits zu Beginn vorsichtig darauf hingewiesen, dass mit unserer neuen Chefin (auch Dragonlady oder Sklaventreiber genannt) nicht zu spaßen sei und schon so mancher nicht mit ihr zurecht gekommen ist. Das stellten wir dann auch gleich 5 Minuten nach Arbeitsbeginn fest. Die Einweisung klang übersetzt so: „Geht mir nicht auf den Sack. Arbeitet hart, ihr werdet ja auch bezahlt. Wer nicht gut arbeitet, kann zurück trampen und braucht auch nicht wiederzukommen“.
Das saß. Prompt hatte keiner mehr wirklich Lust zu arbeiten. Wen wunderts bei der netten Begrüßung?! So wurden wir also übers Vineyard getrieben, was den Namen „Sklavenwagen“ für unser Auto selbsterklärend macht. Wir und unsere vier Mitfahrer Tommy, Pinky, Joni und Nick fühlten uns zu Beginn jedenfalls so.

Auf einem Weingut gibt es viel zu tun. Wir werden uns nicht mehr über vermeintlich teure Weinpreise beschweren, jetzt wo wir ansatzweise wissen wie viele Schritte vom Pflanzen bis zur abgefüllten Flasche Wein nötig sind und wie viel Arbeit dahintersteckt. Um euch einen kleinen Einblick in unsere Aufgaben zu geben, erläutern wir sie mal kurz.


Bud Rubbing füllte unsere ersten 1,5 Tage aus. Gespürt haben wirs sicher noch eine Woche danach. Ihr müsst euch das so vorstellen: Man läuft den ganzen Tag in gebückter Haltung bzw. wechselt teilweise aufgrund von Rückenschmerzen auch in die Hocke, das sind dann grob 8 Stunden lang Kniebeugen. Das Ziel in dieser Disziplin ist es, Knospen und kleine Äste am Stamm einer jeden Weinrebe unterhalb der Kniehöhe zu entfernen. Dabei wird mit einem Gummihandschuh über den Stamm gerubbelt. Zur körperlichen Anstrengung kommt noch die etwas andere Bezahlung dazu. Man arbeitet nämlich auf Contract, d.h. man bekommt pro Pflanze 2,57 Cent. Um den Mindestlohn pro Stunde zu erreichen wären also 540 gerubbelte Reben nötig. Rechnet man das auf einen normalen 8 Stunden Arbeitstag hoch, wären das 4.320 Kniebeugen oder Bückbewegungen. Und das nur für den Minimumlohn von 14,85$. Für mich nicht machbar, Manu machte seine ca. 540 Pflanzen in der Stunde voll, hatte aber keine Lust zusätzlich zu den Kniebeugen noch einen Marathon zu laufen. Der wäre nämlich nötig gewesen, um mehr wie Minimum zu verdienen. Aber solche Freaks gabs auch ;)


Shoot Thinning begleitete uns in verschiedenen Varianten die kompletten vier Wochen. Körperlich nicht so anstrengend, auf Dauer aber extremst langweilig, da ist selbst Schlafen spannender. Eigentlich geht es nur darum, die Reben auszudünnen, damit sie nicht zu schwer werden und nicht zu viele Früchte tragen. Alle Energie kann dann in die verbleibenden Trauben fließen, die somit mehr Geschmack und besseres Aroma bekommen. Deshalb werden Äste an verschiedenen Stellen abgerissen. Unser Vorteil dabei war die Bezahlung pro Stunde.


Wire Lifting kann absolut okay bis völlig beschissen sein. Entlang der Reihen befinden sich Pfosten an denen Drähte auf Nägel gespannt sind. Diese Drähte sollen die Reben beim Wachsen begleiten, damit sie nicht in verschiedene Richtungen ausbrechen. Je nach Sorte, Sonneneinstrahlung und Hanglage sind es zwischen zwei und vier Drähte, die man dann immer um einen Nagel nach oben setzen muss. In manchen Fällen geht das ganz einfach. In anderen Fällen sind die Drähte bereits komplett mit den Reben verwachsen. Wenn diese drum herum ranken, lassen sich die Drähte dann nur  noch durch starkes Ziehen und Reißen wieder trennen. Dadurch wird dann auch das Hochsetzen entsprechend schwieriger. Besonders der „Final Lift“, also das Anheben auf den höchsten Nagel, der sich oft locker in einer Höhe von ca. 1,85m bewegte, brachte mich manchmal fast zur Verzweiflung. Bezahlung erfolgte wieder per Pflanze, diesmal gabs 1,5 Cent pro Stück. Die Drähte werden aber ja nur am Pfosten geliftet. Zwischen zwei Pfosten befinden sich jeweils vier Pflanzen und eine ganze Reihe hatte je nach Länge gern auch mal bis zu 280 Pflanzen. Der Job wird dabei natürlich beidseitig, also rechts und links einer Reihe (ZickZack) ausgeführt.


Planting und Covering werden pro Stunde bezahlt und machten uns am meisten Spaß. Wie die Wörter schon sagen, werden kleine Ableger gepflanzt und anschließend in Plastikhüllen eingepackt. Das hat den Sinn, die kleinen Pflanzen beim Sprayen zu schützen. Gesprayt werden Pestizide, die Knospen und Co am Stamm absterben lassen und somit Bud Rubbing unnötig machen. Dies ist eine Art von Spraying, bei anderen Arten werden auch die ganzen Reben von oben mit dem Flugzeug gespritzt.


Das waren unsere größten Aufgabengebiete, aber es gab immer wieder andere, kleinere Aufgaben zu verrichten.

Auch das anfangs ausgesprochen schlechte Verhältnis zur Dragonlady verbesserte sich von Tag zu Tag und konnte am Ende sogar als freundschaftlich bezeichnet werden. Teilweise schickte sie uns sogar alleine auf die Weinfelder, was für uns ein großer Vertrauensbeweis war.
Bis zum Ende störten uns die oft vielen Fahrten auf unmöglichsten Feldwegen von Weingut zu Weingut und auch innerhalb der meist riesigen Areale von einem Weinfeld zum nächsten. Den einen Tag fuhren wir 140km. Spritgeld – gibt’s nicht. Dennoch war es schöne Erfahrung, zeitweise machte die Arbeit sogar richtig Spaß und ein bisschen Geld ist dabei auch noch hängengeblieben. Am besten war natürlich das Herumheizen mit diesen kleinen Carts, die mehr Power unterm Popo haben, wie man vielleicht denkt. :)

 













  



Das Ganze klingt für euch jetzt vielleicht nicht grade spannend, aber ihr müsst euch vorstellen, wie es ist zwischen abertausenden von Reben zu stehen, die Berge ringsherum, Sonne und mystische Wolkenformationen und nichts zu sehen außer Wein. Zeitweise ein unglaubliches Panorama, das einen für vieles entschädigt und immer wieder zeigt, warum man das eigentlich macht!



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