Sonntag, 16. März 2014

Roxburgh – Geschichten von Kirschen und Aprikosen

Wie schon gesagt waren wir auf Jobsuche. Wir hatten verschiedene Möglichkeiten in Cromwell, Alexandra und Roxburgh offen, aber wie im Süden so üblich, war es beinahe unmöglich klare Aussagen bezüglich Dauer, Bezahlung oder eine sichere Zusage zu bekommen. Das war uns in Neuseeland schon mehrmals aufgefallen, im Süden der Südinsel aber noch viel mehr. Aussagen à la „Kommt doch vorbei, dann finden wir vermutlich vielleicht schon was zu tun für euch“ oder „Der Job dauert ein bis zwei Wochen, vielleicht aber doch auch nur halbtags…“ trieben uns in den Wahnsinn.
Letztendlich blieb uns nichts anderes übrig, als uns auf unser Bauchgefühl zu verlassen, was wohl auch die richtige Entscheidung war.

Unser Hüttchen - baufällig, aber ganz gemütlich :)
Bis dahin war es aber ein recht langer Weg und es ging einiges schief. Ein Tag zum Vergessen. Kaum sah es nach Lichtblick aus, gings auch schon wieder bergab. Endlich hatten wir eine sichere Zusage für einen Job in Cromwell, da kam schon der nächste Haken. Die für uns vorgesehene Unterkunft war mehr als unterirdisch und auch über die Arbeitgeber hörte man nur Negatives und so entschieden wir uns dagegen. Zurück beim Auto stellten wir fest, dass wir das Licht angelassen hatten – Batterie leer und unser Auto tat keinen Muckser mehr. Damit war die Stimmung endgültig am Tiefpunkt.
Mit weiteren Details dieses fürchterlichen Tages wollen wir euch nicht belasten. Nur so viel: zu guter Letzt lief unser Auto wieder, wir waren in Roxburgh in einer niedlichen, kleinen Hütte für 2 (siehe Foto) untergebracht und hatten einen sicheren Job ab dem nächsten Tag in der Tasche.

Am nächsten Morgen begannen wir also mit unserem neuen Job auf einem kleinen Orchard. Die erste Aufgabe hieß „Cherry-Picking“, also Kirschenpflücken. Klingt soweit ganz einfach, dennoch war es teilweise schwieriger wie gedacht. Die Saison war schlecht, da es sehr viel geregnet hatte und so waren viele Kirschen verfault oder matschig und konnten nicht gepflückt werden. Dementsprechend dauerte es ziemlich lang bis man seine 5 kg–Eimer gefüllt hatte. Pro Eimer gab es 7,50 $, also wären zwei pro Stunde nötig um gerade knapp über den Mindestlohn von 14,85 $ zu kommen. Das war aber nur sehr schwer möglich. Ihr müsst euch das so vorstellen: man bekommt eine Reihe Bäume zugeteilt, trägt ein Drahtgestell mit einem Eimer vor dem Bauch und klettert mit einer Stahlleiter bis in die höchsten Baumkronen, um keine einzelne, der wenigen unverfaulten, Kirschen zu verpassen. Wie so oft, die Mehrheit der Pflücker bestand aus Männern, ca. 15 und 2 Frauen.
Zum Glück war aber die Kirschsaison schon so gut wie vorbei und wir mussten uns nur noch zwei Tage damit herumärgern.


Danach ging es mit „Apricot-Picking“, also Aprikosen pflücken weiter. Meistens eine dankbarere Aufgabe. Die Körbe, die man da vor dem Bauch hängen hat sind angenehmer, aber dafür müssen auch 8,5 kg gepflückt werden. Pro Korb gibt es 1,50 $, 9 Körbe pro Stunde sind nötig um den Mindestlohn zu erreichen.
Bei der Arbeit
Für Tanja war das auf Dauer nicht machbar, sie kämpfte mit dem Gewicht und der Stahlleiter und war auch hin und wieder ziemlich frustriert. Daraufhin durfte sie schon nach einer Woche ins Packhaus wechseln, da dort mehr Leute benötigt wurden. Ihrer Meinung nach, war das aber eher die nette Art ihr mitzuteilen, dass sie zu langsam zum Pflücken ist ;)

Insgesamt war dieser Job aber eine gute Möglichkeit Geld zu verdienen und deutlich besser bezahlt als Vineyard-Work.


Tanjas Job im Packhaus war wetterunabhängig, weshalb sie viele Stunden zusammenbrachte. Mein Job dagegen war natürlich vom Wetter abhängig und so wurde hin und wieder auch mal später angefangen, weil es morgens neblig war oder früher aufgehört, weil es angefangen hatte zu regnen. Manchmal fiel auch ein ganzer Tag aus, weil es regnete oder die Früchte noch nachreifen sollten.
An meinem besten Tag lief es aber wie geschmiert. Ich schaffte 140 Körbe und hatte damit 1.190 kg Aprikosen gepflückt.
Aprikosen-Packhaus

Auch unsere Supervisor und unser Chef Malcolm waren nett, aber auch ziemlich unorganisiert. Arbeitsbeginn um 8, bedeutete für uns wie immer zehn bis fünf vor 8 am Arbeitsplatz zu sein, für alle anderen schien 8 Uhr, 8.15 Uhr zu bedeuten. Mehrmals fuhren wir auch morgens umsonst zur Arbeit, da ein Anruf zu viel erlangt schien, um uns mitzuteilen, dass Arbeitsbeginn auf 9, 10 oder später verschoben war. 
Ärgerlich war außerdem, dass es eben immer Leute gibt, die meinen ihre Arbeit nicht richtig machen zu müssen. Jeder schafft schneller mehr Körbe, wenn er die Bäume nur unten rum abpflückt und nie eine Leiter benutzt. So schnell kann man gar nicht gucken, wie deine eigene Baumreihe von unten abgeerntet wurde und du selber blöd vom Baumwipfel runterguckst. Da fühlt man sich schon manchmal verarscht. Doch auch darauf angesprochen, haben sich weder Supervisor noch die Betroffenen selbst dafür interessiert. Im Nachhinein auch egal, wir wissen, dass wir unseren Job ordentlich gemacht haben.
Etwas über eine Woche wurde ich als Springer eingesetzt. Während die verbliebenen Früchte nachreifen durften, half ich im Packhaus aus, sobald es etwas zu pflücken gab, wurde ich wieder aufs Feld geschickt. Erst waren wir noch zu dritt, die letzten Tage war ich allein mit dem Supervisor unterwegs, da nur noch ich als Pflücker übrig war.

Unsere Heimat für diese vier Wochen war Roxburgh, ein wirklich kleiner Ort in dem nicht gerade der Bär steppt. Schadet aber nicht, kann man das verdiente Geld schon nicht gleich wieder ausgeben. In unserer Freizeit fuhren wir nach Alexandra oder unternahmen Wanderungen in der Umgebung, wie den Bullock Track (Fotos). Auch Nichtstun, Lesen, Brotbacken und Autowaschen gehörten zu unseren Beschäftigungen.








Die Küche teilten wir uns mit 30 Asiaten. Das war anfangs auch etwas gewöhnungsbedürftig, aber eigentlich waren sie alle supernett. Dennoch war deutlich zu spüren, dass zwei Kulturen aufeinandertreffen: beim Essen wird geschmatzt, von 17-22 Uhr wird gekocht, sodass man sich schon eine einzelne Herdplatte erkämpfen muss, wenn man zur gleichen Zeit Hunger hat und schon morgens um 7 Uhr laufen acht Reiskocher auf Hochtouren.

Ein absolutes Highlight war dafür dann das „Chinese New Year“, das von allen groß gefeiert wurde. Auch wir wurden herzlich eingeladen, jeder musste ein Gericht seiner Heimat mitbringen. Da wir uns erst kurzfristig dazu entschieden hinzugehen, machte ich kleine Hackfleischbällchen, garniert mit Tomate und Gurke. Schnell und simpel, wurde aber von allen hochgelobt und war beinahe am Schnellsten aufgegessen ;)
Insgesamt gab es locker 25 verschiedene Gerichte. Es war sehr lecker, vieles davon ganz frisch zubereitet und man muss zugeben – kochen können sie! Es war ein Erlebnis und wir wurden besonders versorgt, jedes Gericht wurde uns erklärt und Traditionen erläutert.






Chinese New Year


So verging unsere Zeit in Roxburgh ziemlich schnell und war auch mal wieder eine gute Erfahrung, die wir nicht missen wollen.

Clutha River
Doch wie so oft im Backpacker-Leben – die Zeit am einen Ort endet und wir freuen uns auf das, was kommt. Es geht weiter… wir brechen auf nach Queenstown! ;)

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